"Die Geburt eines Gartens" 2. Platz, Gestaltungswettbewerb Jüdischer Garten in den Gärten der Welt, Kooperation mit DnD Landschaftsplanung (2018)

DER RAUM
Der klassische Garten als Hortus conclusus ist ein Ort, der durch Grenzen entsteht. Der Jüdisch Garten wird als offener Raum interpretiert, der durch Verdichtung entsteht. Er kennt keine Grenzen und keine Mauern, trotzdem kann man ihn durchschreiten. Zellstrukturen und Luftaufnahmen der Natur dienen als Vorlage für die formale Gestaltung. Die Wege führen den Besucher in den Garten hinein und lassen ihn Teil des Raumes und der Natur werden.


DAS SYMBOL
Wasser ist Leben. Das Wasser ist verantwortlich für den Reichtum der Menschen und ist Vermittler zwischen den verschiedenen Ufern und Kulturen. Im jüdischen Glauben ist das Wasser, wie in der Natur, von essenzieller Bedeutung. Es war schon vor der Erschaffung der Welt vorhanden. Bäche und Flüsse bestehen aus Wasser. Eine große Wasserfläche bildet einen See, durch den das Wasser hindurch fließt. Das in Verbindung stehende Grundwasser ist Lebensgrundlage für die Menschheit, ebenso wie das Meer. Und es gibt natürliche Wasser-ansammlungen wie Gruben, in die es hinein regnet oder schneit. Im Garten des Lebens findet sich daher fließendes Wasser als Wasserband in den Wegen, ruhendes Regenwasser und Wassernebel, der auch als Regenbogen sichtbar werden kann. Er ist das Zeichen des Bundes des Ewigen mit der Erde. Das angesammelte Wasser: Miqweh – die Regenwasseransammlung

Der Regenbogen: Bund des Ewigen mit der Erde
Das fließende Wasser: Ma‘aya - die Quelle


DIE SCHRIFT
Zwei Zitate begleiten die Besucher auf ihren Weg durch den Garten. Das erste Zitat weist auf den Bund des Ewigen mit der Erde hin. Das zweite auf die besondere Verantwortung, die der Mensch gegenüber der Schöpfung trägt.
1. Mose-Kapitel 9, 12-17 Und G‘tt sprach: „Ich gebe euch ein Zeichen als Garantie für den ewigen Bund, den ich mit euch und allen Lebewesen schließe: Ich setze meinen Bogen in die Wolken. Er ist das Zeichen meines unumstößlichen Bundes
mit der Erde. Jedes Mal, wenn ich Regenwolken über die Erde schicke, wird der Regenbogen in den Wolken zu sehen sein.“ Talmud: „Sieh meine Schöpfung, wie schön und wundervoll sie sind. Alles, was ich geschaffen habe, habe ich nur für dich getan. Bedenke dies und zerstöre und vernachlässige nicht meine Welt. Denn wenn du sie erst zerstört hast, ist nach dir keiner mehr da der sie wieder reparieren kann."


LICHTKONZEPT
Die drei Bestandsbäume und das ruhige Wasserbecken werden ins Licht gesetzt: 18 Pendelleuchten schweben zwischen den Bäumen und symbolisieren den Zahlenwert des Lebens. Dieser Wert drückt den Willen aus das Leben zu erhalten und zu schützen. Die ruhige, dunkle Wasseroberfläche wird durch die Licht-reflexionen ‚bespielt‘ – die Ebene der (inneren) Reflexion wird nach außen getragen und sichtbar gemacht. Dieser Ort ist ein Ort der Stille und Besinnung. Die Bäume werden in das Konzept miteinbezogen weil der Baum als kraftvolles
Symbol für das Leben erscheint. Der Hauptrundweg wird von Pollerleuchten begleitet.


MATERIA LKONZEPT
Die Hügellandschaft mit verschiedenen Geländehöhen bildet den Gartenraum. Im Bereich der Weggabelung bilden natürliche Gesteinsbrocken die Hügel, im Mittelteil sind die Hügel mit Substraten aufgebaut und im hinteren, flacheren Bereich bildet die wassergebundene Decke und der Kies die Trockenzone.
Die Neigungen sind so gewählt, dass keine künstlichen Befestigungen
notwendig sind. In den steilen Bereichen werden Fertigbetonschalen mit unterschiedlichen Gesteinseinschlüssen verwendet. Diese sind punktuell höher und flachen dann ab. Bäume werden durch Unterflurverankerungen in den Hügeln befestigt und vom Eigengewicht der Hügel gehalten.
Ein Kiesstreifen zur Entwässerung begleitet die Hügel. Der Weg wird aus geschliffenen Ortbeton hergestellt. Die Textstellen werden an den Wegrändern in den geschliffenen Beton graviert. Die beschichteten, vertieften Wasserstellen entstehen durch Einlagen bei der Ortbetonherstellung. Der Weg der in den Bereich der Bestandsbäume führt wird aus wassergebundener Decke hergestellt um, die Baumwurzeln zu schonen.

BEPFLANZUNGSKONZEPT
Das Bepflanzungskonzept vermittelt eine vegetabile Symbolik. Das Artenspektrum bildet terrestrische Lebensformen von Pflanzen in ihrer Reichhaltigkeit ab: Phanaerophyten, Chamaephyten, Hemikryptophyten, Geophyten und Therophyten.
Jede Gruppe wird durch ein oder mehrere Arten verkörpert.
• Phanaerophyten sind holzbildende Gewächse wie Bäume und Sträucher, deren Metabolismus auf Langlebigkeit ausgerichtet ist.
• Die Lebensstrategie der Chamaephyten ist ihre Anpassung an Extremstandorte. Diese enorm diverse Gruppe umfasst Halbsträucher, Zwerg- und Polsterpflanzen.
• Hemikryptophyten sind mehrjährige krautige Pflanzen wie Gräser, Farne und Blütenstauden, die durch ihre Variabilität und ihren Individuenreichtum den Charakter vieler Landschaften prägen.
• Geophyten sind Zwiebel- und Knollenpflanzen. Sie überdauern ungünstige Witterungsbedingungen unter der Erde und treten zu günstigen Jahreszeiten in Erscheinung.
• Therophyten sind kurzlebige Pflanzen, die nach dem Blühen und Fruchten absterben. Sie verbreiten sich über ihre Samen.


Vegetationsformen
Die Einzelindividuen sind zwar in artifiziellen Pflanzenkombinationen,
jedoch auf pflanzensoziologischen Kriterien wie Wuchsdynamik und Lebensstrategie basierend zusammengeführt. So stehen Natürlichkeit und Kultiviertheit nicht in Kontrast zueinander, sondern sie bilden eine frei wachsende
und sich gegenseitig positiv unterstützende Gemeinschaft. Diese artifiziellen Pflanzengemeinschaften sind hier in mehreren Vegetationsformen vertreten:
• Vegetationsform Gehölz: Die Bäume und Großsträucher vernetzen die einzelnen Inseln miteinander und stehen als verbindendes und gerüstbildendes Element im Garten. Sorten: Catalpa bignonioides ‚Aurea‘, Cotinus coggygria, Tamarix ramosissima ‚Pink Cascade‘.
• Vegetationsform Graslandschaft: Sie symbolisiert die Fruchtbarkeit unserer Erde. Ihre Samen ernähren Menschen und Tiere. Sie ist in zwei Schattierungen von üppig frisch-grünen Arten und auffälligen Blütenfarben sowie zurückhaltend blau-grau mit distelartigen Blütenpflanzen dargestellt. Sorten: Pennisetum orientale, ‚Kniphofia ‚Green Jade‘, Echinops bannaticus ‚Taplow Blue‘.
• Vegetationsform in Hochlagen und an Felsstandorten: Diese unwirtlichen Orte sind von außergewöhnlichen Gewächsen besiedelt. Sie sind Grenzgänger, da sie durch die extremen Verhältnisse an ihre physiologischen Grenzen stoßen. Hier gibt es zwei konträre Vegetationsbilder von einerseits immergrünen Nadelgehölzen und kleinwüchsigen Farnen und andererseits von graulaubigen Gewächsen.
Sorten: Picea abies ‚Nidiformis‘, Blechnum spicant, Lespedeza thunbergii, Santolina chamaecyparissus.
• Vegetationsform Trockensteppe: Sie steht für die Vegetation der Halbwüsten- und Karstgebiete. Dort wo es auf den ersten Blick „nichts“ gibt, leben dennoch Pflanzen. Ihr außergewöhnliches Erscheinungsbild, manchmal auch ihre Farbenpracht verblüfft uns im Kontrast zur Vegetationslosigkeit. Die Pflanzen wirken wie aus einer anderen Welt und schaffen eine sinnbildliche Verbundenheit zum Jenseits.
Sorten: Euphorbia characias ‚Black Pearl‘, Yocca filamentosa,
Veronica spicata var. incana.

THE SPACE
The classical garden as Hortus Conclusus is a place created by
borders. The Jewish Garden is interpreted as an open space created by densification. He knows no boundaries and no walls, but you can cross it. Cell structures and aerial photographs of nature serve as a model for the formal design. The paths lead the visitor into the garden and let him become part of the room and nature.