"aus/sicht" (2006)

[archive box, 6 tables, 200 drawings on beer coaster, sound loop, 5 boxes]

Diploma, University of applied Arts, Vienna

Die Rauminstallation „aus/sicht“ ist ein „spekulatives Aufspüren“ der Kontroll- Disziplinierungs-und Manipulationsmechanismen des erstmalig angepriesenen, fremdgesteuerten und geregeltenPauschalurlaubs im Nationalsozialismus. Dieser durchorganisierte Pauschalurlaub galt als eine
„[...] in Serie gefertigte Kopie der bürgerlichen Reise [...] “.

Der Pauschalurlaub manifestiert sich in dem natürlichen und manipulierten, „zurechtgestutzten“ und künstlich angelegten Nadelbaumbewuchs der Freizeitanlage. Ein fiktiver Panoramaausblick aus einem der „x“ Zimmer eines von der KdF-Organisation „fremdgesteuerten“, kontrollierten und disziplinierten KdF-Pauschalurlaubers  wird zeichnerisch auf 200 unbedruckten Bierdeckeln umgesetzt.
Diese  fiktive Aussicht spannt sich „panoramatisch“ undchronologisch über 70 Jahre, von 1936,
der Grundsteinlegung, bis in die Gegenwart des  Jahres 2006. Die Veränderungen vor Ort, die sich über diese Zeitspanne erstrecken, werden in einem schweifendenBlick des fiktiven Urlaubers in der Transformation der Nadelhölzer zu künstlichen Nadelbäumenund in kleinen Miniszenen erlebbar gemacht.
Die Integration einer akkurat geschnittenen Heckeverdeckt letztlich die Sicht auf das „Was war“, „Was nicht war“, „Was gewesen wäre, wenn“ „Wasist“ und „Was wird“.

"Der Strand ist etwa acht Kilometer lang und hat eine Tiefe von ungef. 500 Meter.Jeder der (20.000) Badegäste hat also eine Strandfläche von 5 Quadratmetern zur Verfügung...Wer der berechtigten oder vermeintlichen Ansicht sein sollte, er sei nervös, der mag zur Kenntnisnehmen, daß das einzigartige Seebad von einem Wald riesenhaften Ausmaßes umschlossen ist, sodaß der Gesamtumfang der Anlage rund 3.500.000 Quadratmeter erreicht und auf jeden einzelnenBesucher für die Zeit seines Aufenthaltes 175 Quadratmeter kommen dürften."

Durch die Rückführung des eingefrorenen Momentes einer chronologisch kollagierten Fotomontage in die Zeichnung, findet eine Entschleunigung der Zeit statt. Die Zeichnung wird zu einer manifesten Erinnerung. Jede der 200 Zeichnungen die wie einzelne Frames mit Kugelschreiber „aufgezeichnet“ werden, ist Teil eines „ scannenden Augenschwenks“. In den Bereichen des Aus-schnittes, in denen Bewegungstattfindet, mustert das virtuelle Auge genau die Szenerie.
Andere Stellen sind ausgespart und bleibendem Betrachter vorenthalten.
Jeder handangefertigte, „bezeichnete“ Bierdeckel ist ein Unikat. Das Medium wurde zweckentfremdet und bildet somit den Gegensatz zu den handelsüblichen, massenhaft produzierten Bierdeckeln. (4) Der Inhalt der Zeichnungen vermittelt sich uns nur gereiht und in richtiger Reihenfolge.
Die Archivierungsbox ist Teil der Installation. Geöffnet erinnert sie an den flügelartigen Grundrissdes „KdF-Seebades“. Sie ist leer – nur die 200 Schlitze verweisen auf den Archivierungscharakterder Zeichnungen. Ihr Speicher ist für den Zeitraum der Ausstellung enleert. Befüllt und chronologischgereiht, mit den einzeln nummerierten, handgefertigten Bierdeckelzeichnungen, hat sie ihrenursprünglichen Verwendungszweck wiedergewonnen. Der Inhalt ist geschützt und transportfähig, kann aber in der Box nicht wahrgenommen werden. Die verfremdeten Geräusche des atmosphärischen Klangteppichs unterstützen die sinnliche undmediale Ebene der Arbeit und vermitteln vage Anhaltspunkte über die Anwesenheit des virtuellen Pauschalurlaubers.