“Arty Dumplings” (2015-16)
[Kunstkartenedition: Auflage 100 Stück]
23 Karten (basierend auf 23 Zeichnungen) plus Text, Kartonschuber, 100 Stück, 15 x 15 cm, Preis: 23 EUR
Entstanden während des Stipendien-Aufenthaltes (Villa Stanborough Wittgenstein) in Gmunden.
In meiner künstlerischen Arbeit untersuche ich inhaltliche Zeitphänomene (Freizeitgestaltung verschiedener Kulturen und Generationen - von den Anfängen des Massentourismus seit den 1930er-Jahren, bis in die heutige Zeit), wie auch formale Zeitphänomene (beschleunigte und verlangsamte Arbeitsprozesse).
Kern meiner Arbeit ist die Auseinandersetzung mit Zeiträumen ebenso wie mit (Frei-)Räumen:
Wieviel Raum, wieviel Freiraum haben wir in unserer Freizeit wirklich, wie gestaltet sich der oft hochfrequentierte und inszenierte öffentliche Raum und wie gehen wir andererseits mit dem (Frei-) Raum im urbanen Umfeld und in der Natur um?
Ist Freizeit in der Regel wirklich reine Dispositionszeit, also freigewählte Zeit, oder nicht doch häufig eine determinierte, fremdbestimmte Zeit und ein integraler Bestandteil von Lebensstilen, ein meist erlebnisorientierter „Freistil“, oder „freestyle“?
Ich befürworte die Selbstbestimmtheit in allen Belangen und versuche sie auch zu leben.
Beim Kochen ist das insofern gut möglich, weil jeder selbst entscheiden kann was wie gemacht wird, sofern es gut schmeckt und das Kochen Freude bereitet.
Nachdem das “Freestyle - Kochen” immer mehr zum Trend wird, hatte ich bei dem “Arty Dumplings”-Projekt eine andere Intention: nicht wie beim “Freestyle-Kochen” ohne Rezept zu agieren, sondern viel mehr altbewährte Knödelrezepte zu variieren und weiterzuentwickeln- im Geschmack, in der Form und in der Farb-
gebung (Fülle, Hülle, Sauce).
Entstanden sind pikante und süße und pikant-süße “Arty Dumplings”, ohne ein festes Dogma mit Mut zum Stilmix ebenso wie zur Besinnung auf die bewährte Tradition.
Beim Kochen, als Freizeitausübung, ist man dann frei, wenn Zeit keine Rolle spielt, man Muse hat und es gelingt, sich den (Koch)-Konventionen zu lösen und zu experimentieren.
Ausgehend von einem formalen Ansatz kam mir die Idee während eines Knödelkochkurses bei Ingrid Pernkopf, die Form von Knödeln zu variieren. Der Knödel ist rund, weil sich die Kugel am einfachsten formen lässt. Aufwendiger ist da schon der Würfel oder die Pyramide. Und doch haben auch diese Formen ihre Berechtigung unter den klassischen “Knödeln”. Neben der Kugel haben daher auch die Pyramide, das Dreieck, der Zylinder, der Diamant, das Oval, das Ei und die Igelform einen Kochauftritt erlebt.
Neben der formalen Weiterentwicklung durch die neue Formgebung geht es bei diesem Kochprojekt aber außerdem auch um die Farbästhetik: die farbigen Knödel werden “umspielt” von verschieden farbigen Saucen, geschmacklich und farblich aufeinander abgestimmt - und natürlich auch um die wichtigste Komponen-
te, den Geschmack.
Bei einer Kochperformance spielen darüber hinaus auch der kulturelle Austausch und der Kochakt als performativer Akt selbst eine große Rolle.
Durch die Veränderung der Form, des Geschmacks und der Farbe öffnen wir uns für etwas Neues.
Die Tradition wird aufgegriffen und weiterentwickelt. Wir bleiben so nicht auf unseren Konventionen “picken” sondern fangen an, flexibel umzudenken. In einer Zeit des kulturellen Wandels durch den Einfluss anderer Kulturen und Religionen, bedingt vor allem durch die Flüchtlingswelle der letzten Zeit, sind wir gut
bedient neugierig zu sein und offen für kulturelle Einflüsse.
Durch den Kochkurs angeregt, habe ich Rezepte nachgekocht, variiert und erweitert, mit befreundeten KünstlerInnen und KöchInnen (Falko von Huene - Koch, Horst Stein - Künstler, Ingrid Pernkopf - Köchin, Judith Unterpertinger - Komponistin & Musikerin, Rudolph Steckholzer - Künstler & Physiotherapeut) Rezepte besprochen und ausprobiert und einige auch gemeinsam beim Kochen umgesetzt.
Gekocht habe ich in der Villa und mit Ingrid Pernkopf in der TV-Küche des Hotels Grünberg.
Fotografien der Knödelvariationen sind entstanden. Diese habe ich in die Zeichnung überführt. Die langsame Entstehung einer Zeichnung spiegelt den langen Prozess der Recherche, der Rezepteentwicklung, dem Kochen bis hin zum gemeinsamen Essen wider.